Sie ist unsere größte und wohl bekannteste heimische Gehäuseschnecke: die Weinbergschnecke. Mit ihrem hellgrauen Körper und dem bis zu 5 cm großen braunen Schneckenhaus ist sie nicht zu verwechseln. Schnecken haben - gerade bei Gartenbesitzern - oft keinen guten Ruf. Doch wenn es Sympathieträger unter diesen Tieren gibt, dann gehören die Weinbergschnecken definitiv dazu. Zu Recht, denn es sind faszinierende Tiere mit erstaunlichen Eigenschaften.
Hätten Sie gedacht, dass Weinbergschnecken bis zu 30 Jahre alt werden können? In der freien Wildbahn wird dieses Alter allerdings selten erreicht, zu viele Gefahren lauern im Leben der Schnecken. Mit einer Geschwindigkeit von 3 Metern pro Stunde gehört Fliehen nicht zur Überlebensstrategie der Tiere. So sind sie z.B. auf Straßen den Autos schutzlos ausgeliefert.
Und vor allem junge Weinbergschnecken haben es schwer. Zwar schlüpfen die Schnecken bereits mit Gehäuse, dieses ist allerdings zu Beginn weich und bietet keinen Schutz vor Fressfeinden wie Vögeln. Erst durch die Aufnahme von Kalk mit der Nahrung härtet das Schneckenhaus aus. Solange die Schnecke wächst, wächst auch ihr Haus. Dazu wird im Mündungsbereich immer wieder Baumaterial angelagert. Auf diese Weise entstehen die gut erkennbaren Querstreifen im Gehäuse. Im Winter schützen sich Weinbergschnecken zusätzlich, indem sie ihr Haus mit einem Kalkdeckel verschließen, der erst im Frühjahr wieder abgeworfen wird.
Weinbergschnecken fressen mit Vorliebe bereits welke Pflanzenteile, machen aber auch vor frischem Grün nicht halt. Von großem Nutzen ist dabei ihre Raspelzunge, die sogenannte Radula. Auf dieser befinden sich bis zu 40.000 ständig nachwachsende Zähnchen, mit denen die Nahrung zerkleinert wird. Auffällig an den Schnecken sind ihre beiden Fühlerpaare am Kopf. Am Ende der oberen, langen Fühler sitzt jeweils ein Auge. Gleichzeitig sind an den Fühlern sowie entlang des gesamten Körpers Geruchszellen vorhanden. Die kurzen Fühler dienen vor allem zum Tasten. Wie für Schnecken typisch ist auch bei Weinbergschnecken der Körper von Schleim überzogen. Dieser schützt nicht nur vor Austrocknung und Verletzungen des weichen Körpers, sondern erleichtert auch die Fortbewegung.
Weinbergschnecken können ihr Gehäuse nicht verlassen, sie sind fest mit diesem verwachsen. Allerdings ist es ihnen möglich, kleine Schäden am Schneckenhaus zu reparieren, wenn der Schneckenkörper an sich nicht verletzt ist. Bei fast allen Weinbergschnecken hat das Haus die Form einer rechtsgängigen Spirale. Doch bei etwa einer von 10.000 Schnecken ist das Gehäuse linksgängig. Diese besonderen Schnecken werden als Schneckenkönig bezeichnet. Da allerdings auch die Organe der Schneckenkönige seitenverkehrt angelegt sind, sind sie bei der Paarung benachteiligt.
Weinbergschnecken sind Zwitter, d.h. sie besitzen sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane. Beim Geschlechtsakt lassen sich die Tiere Zeit. Allein das Vorspiel, bei dem sich die Schnecken aneinander aufrichten und gegenseitig betasten, dauert mehrere Stunden. Bei der Paarung kommt oft ein „Liebespfeil“ zum Einsatz: ein ca. 1 cm langer Kalkpfeil, der in den Fuß des Partners gestochen wird und Hormone überträgt.
Schon seit der Römerzeit sind Weinbergschnecken als Delikatesse bekannt. Gerade im Bereich der Schwäbischen Alb spielte das Sammeln und Halten von Weinbergschnecken in speziellen Gärten eine große Rolle. Doch mittlerweile stehen die Tiere unter Schutz, das Sammeln in der freien Wildbahn ist daher nicht erlaubt. Wer auf seinen Spaziergängen Weinbergschnecken entdeckt, kann diese Funde auf der Seite der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg melden und so zum Informationsgewinn über die Verbreitung der Weinbergschnecken beitragen.